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Das Nidlenloch im Weissenstein (SO), dem Hausberg der Stadt Solothurn, ist bereits 1828 erstmals in der Literatur erwähnt worden, der lokalen Bevölkerung vermutlich aber schon weit früher bekannt gewesen. Der Naturforscher und Alpinist Franz Josef Hugi erreichte im erwähnten Jahr eine Distanz von 350 m vom Eingang. 1868 erstellte der Ingenieur Moser einen Grund- und Seitenriss der seit Hugi bekannten Höhlenteile im Masstab 1:1'000. In den Jahren 1889 bis 1891 erfolgte eine Reihe von Expeditionen unter der Leitung von Forster und Rotschi, die mit Hilfe von Strickleitern mehrere kleine Schächte überwanden. Unter der Führung von Franz Held wurde bis 1909 in über sechzig Vorstössen weitergeforscht. Dabei konnte eine Tiefe von 396 m unter dem Eingang erreicht werden, was die weltweit tiefste Höhle bedeutete, die zu dieser Zeit bekannt war.
1937 und 1938 wurde die Höhle vermessen. Der Plan von F. Kormann und W. Kulli umfasste 2.1 km. Wohl wurde das Nidlenloch in den folgenden Jahren oft besucht, Forschungen setzten aber erst wieder 1975 durch die Arbeitsgemeinschaft Nidlenlochforschung (AGN) ein. In zehn erfolgreichen Jahren konnte diese Gruppe durch systematisches Absuchen und einige Grabeinsätze die Höhle auf 7,5 km verlängern und die Höhendifferenz auf 418 m steigern.
Das Nidlenloch ist in den nach Norden abfallenden Schichten der «Sequan»-Kalke (Malm) im Nordschenkel der Weissenstein-Antiklinale angelegt, die Gänge fallen entsprechend dem Schichtverlauf nach Norden ab (besonders schön sichtbar im Eingangsteil) oder folgen dem west-östlichen Streichen der Schichten. Namentlich im mittleren Teil der Höhle hat sich ein teilweise labyrinthisches Horizontalsystem entwickelt, aber auch in anderen Partien des Nidlenlochs gibt es Ansätze von fossilen, phreatischen Gangnetzen. Es finden sich nur lokal oder temporär kleine Rinnsale, die bekannte Höhle hat mit der heutigen Karstentwässerung nur am Rande etwas zu tun. Die generell kleinen bis mittelgrossen Gänge sind, entsprechend dem vermutlich hohen Alter des Nidlenlochs, recht oft von Verstürzen und lokal von verlehmten Senken geprägt. Trotz der grossen Höhendifferenz sind Schächte nicht allzu häufig und maximal zwanzig Meter tief, grössere Hallen fehlen ebenso, und auch Tropfsteinschmuck ist selten.
Die leichte Zugänglichkeit, die bescheidenen technischen Schwierigkeiten - im oberen Höhlenteil sind einige Schächte permanent mit Drahtseilleitern eingerichtet - sowie die Atmosphäre einer grossen und tiefen Höhle machen das Nidlenloch zu einer der meistbesuchten Nicht-Schauhöhlen der Schweiz. Jährlich wird das Loch von etwa 5'000 Abenteuerlustigen begangen, was einige negative Begleiterscheinungen wie Belastung oder gar Überbelastung der natürlichen Umwelt, Abfälle und beinahe alljährlich Rettungseinsätze mit sich bringt. Diese Besucherströme zeigen aber auch einen positiven Aspekt, indem durch diese Konzentration auf eine Höhle andere, weniger beachtete Höhlen um so besser geschützt werden können.
Quelle: "Karst und Höhlen der Schweiz", Christian Preiswerk und Andres Wildberger, Basel 1997. Speleoprojects ISBN 3-908495-05-9 (Hardbound) bzw. ISBN 3-908495-06-7 (Paperback)